Das Testen und die Separierung von Corona-Infizierten ist ein wesentlicher Teil der Eindämmungsstrategie. Die Testkapazität ist daher von entscheidender Bedeutung. Verschiedene Schätzwerte zur Testkapazität kursieren durch die Medien. Keine davon scheint annäherungsweise richtig zu sein – denn keiner kann die Kapazität aktuell wirklich kennen. Eine Berechnung von Geniu Lab Institute zeigt jedoch, dass der tatsächliche Test-Output bereits über den geschätzten Werten – also schon „über dem Limit“ liegt.

Covid-19 breitet sich um die Welt rasant aus. Auch in Deutschland liegt das Wachstum bei über 20%. Ein wesentlicher Teil der Eindämmungsstrategie ist das Testen und die Separierung von Corona-Infizierten ist. Daher ist Testkapazität von entscheidender Bedeutung. Der Generaldirektor der WHO-Director Dr. Ghebreyesus beschreibt die Herausforderung wie folgt: „Wir können die Pandemie nicht stoppen, wenn wir nicht wissen wer infiziert ist. Deshalb die einfache Bitte an alle: testen, testen, testen!“6 Über Deutschland wird berichtet, dass überdurchschnittlich viel getestet wird. Aber wie lange kann die Zahl der zu testenden Personen noch steigen, bis das Limit erreicht ist?

Keiner kennt die tatsächliche Kapazität

Die Gesellschaft für Virologie gibt auf ihrer Internetseite 54 Organisationen7, d.h. Universitätskliniken, nicht-universitäre Einrichtungen aus dem Öffentlichen Gesundheitsdienst und einige Privatlabore an, die SARS-CoV-S PCR Tests anbieten. Insgesamt wird vermutet, dass es ca. 200 bis 300 Labore8 gibt. Bisher besteht jedoch kein System, das zentral die Testkapazitäten erfasst.

Dennoch werden in verschiedenen Medien Aussagen von Personen zur Testkapazität zitiert bzw. live darüber berichtet. Darunter vom Bundesgesundheitsminister Spahn, dem Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler oder dem Sprecher des Bundesverbands der deutschen Laborärzte (BDL). Die Angaben zur Testkapazität liegen demnach zwischen 12.000 und 30.000 pro Tag oder 84.000 und 200.000 pro Woche. Aber kann dies wirklich stimmen?

Anzahl durchgeführter Tests als Indikator für die Kapazität

Möglich ist es die Anzahl der durchgeführten Tests als Indikator für die Kapazität zu betrachten. Diese kann aus der Anzahl der durch Labortests bestätigten Infizierten pro Tag und dem Anteil an positiv Getesteten berechnet werden. Die Anzahl der Infizierten wird täglich durch das RKI ermittelt. Zum Anteil der positiv Getesteten liegen Werte sowohl aus Deutschland als auch zur Überprüfung aus anderen Ländern vor. Laut Gesundheitsverwaltung Berlin lag der Anteil in der KW 11 beispielsweise bei 4,3%9. Ein ähnlicher Wert von 4,9% hat die britische Gesundheitsbehörde NHS mit Stand 18. März gemeldet.10 Ein niedrigerer Wert von 2,7% wird von der südkoreanischen KCDC berichtet.10 Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass in Südkorea noch umfangreicher als in Deutschland getestet wird.

Schon jetzt am Limit

Wenn wir einen Wert von 4% für die Anzahl von positiv getesteten annehmen, dann liegt die Anzahl von durchgeführten bereits über 100.000 pro Tag und damit bereits deutlich über dem höchsten „Kapazitätswert“ von 30.000 pro Tag – also deutlich „über dem Limit“! Daher ist es nicht verwunderlich, wenn viele Labore über massive Überlastung klagen. Wenn sich die Pandemie folglich weiterhin mit 20% pro Tag ausbreitet, wird es für die Labore eine extreme Herausforderung. Daher ist nicht nur die Politik gefragt, sondern ein koordiniertes Handeln, um die Verfügbarkeit von Geräten und Materialien sicherzustellen und durch Prozessoptimierungen z.B. mit Hilfe von Lean Management-Techniken die Kapazitäten bestmöglich zu nutzen.

Quellen:

  • 1 Bundesverbands der deutschen Laborärzte [BDL] (berichtet im Bayerischen Rundfunk am 18.03.2020)
  • 2 Aussage von Bundesgesuchtheitsminister Jens Spahn bei „Phoenix vor Ort“ (Live) um 14 Uhr am 23.03.2020: 200.000 pro Woche, d.h. ca. 28.500 pro Tag
  • 3 Robert Koch-Institut [RKI] (berichtet im RBB am 18.03.2020 von Kapazität von 160.000 pro Woche, d.h. ca. 23.000 pro Woche)
  • 4 Kassenärztliche Bundesvereinigung [KBV] (berichtet in der FAZ am 14.03.2020)
  • 5 Anzahl durchgeführter Tests berechnet mit der Anzahl positive getesteter von ca. 4% (basierend auf aktuellen Werten von NHS, KBV, Gesundheitsverwaltung Berlin), bestätigt für KW 10 und 11 durch Fallzahlen der KBV
  • 6 Bericht von ARD Extra am 19.03.2020
  • 7 Link abgerufen am 24.03.2020 unter www.g-f-v.org/node/1233
  • 8 Bundesverbands der deutschen Laborärzte (BDL), berichtet am 18.03.2020 auf der Internetseite des Best regards („Corona-Tests: Labore am Limit“)
  • 9 Der RBB berichtete am 18.03.2020 im Beitrag „Weniger als fünf Prozent der Tests in Berliner Laboren positiv“ darüber.
  • 10 Der Spiegel berichtete am 19.03.2020 im Beitrag „Warum ist die Todesrate in Deutschland niedriger?“ darüber.